chez del - hat star wars iii gesehen |
Freitag, 28. Februar 2003
28. Februar 2003 um 12:25:19 MEZh
del hatte folgendes mitzuteilen lichtwellen
Es sind die Kontexte. Wenn Scorsese einen opulenten Abenteuerfilm vor dem verschwommenen Hintergrund der blutigen Entstehung Amerikas gemacht hätte, dann würde ich sagen: Nein, danke, wer braucht sowas? Go watch Fackeln im Sturm. Oder diesen Cruise-Kidman-Landeroberungslangweiler. Aber Scorsese hat einen bildgewaltigen Film über die Entstehung und die Schuld Amerikas vor dem verschwommenen Hintergrund einer Abenteuergeschichte gedreht. Die Motive der Charaktere, ihre Entwicklung und Gefühle bleiben demnach in den drei Stunden seltsam unterentwickelt. Roh. Eindimensional. Ja, unzivilisiert. Das kann auf die Dauer natürlich unbefriedigend und ununterhaltsam werden, ja nachdem, was man sich erwartet. Ich persönlich war zufrieden mit der Ausgangsposition (Sohn sieht, wie Vater abgeschlachtet wird), der Entwicklung (Sohn wird vom Schlächter des Vaters unter die Fittiche genommen, folgt trotzdem seinem Racheschwur) und der Art der Auflösung (Sohn und Zweitvater Aug' in Aug' im Nebel der Armee-Bomberdements). Ja, diese Geschichte ist bis oben gefüllt mit Testosteron und dickköpfiger männliche Selbsttreue. Die Rolle der Frau ist beschränkt auf die Herzen und Schmuck stehlende, fürsorgliche Hure. Das ist unausgeglichen, aber vermutlich wahr. So wie die Schlachten und Kämpfe und überhaupt das Leben übertrieben brutal und blutrünstig, aber deswegen auch authentisch dargestellt ist. Für die raue Brutalität der Geschichte bin ich sowieso immer zu haben, das war auch das Geile an Braveheart, ich gebs zu. In den "Gangs" geht es aber um viel mehr als um den Kampf um Freiheit eines Mannes und seiner Klingonen-Welt, die von feudalen Ränkespielen größerer Mächte bedroht sind. Die eindimensionale Rächer-Story ist nunmal eingebettet in die dreckige Geschichte der United States of bloody America. Da sind diese Kontexte, Kommentare, Andeutungen, Ausschweifungen, Seitenblicke, Montagen auf eine brutale, kapitalistische, hoffnungsvolle Welt. Wenn Bill the Butcher, eingewickelt in den Star Spangled Banner, über die "Angst" als seinen mächtigsten Verbündeten referiert, dann ist das die monumentale Version der South-Park-Sequenz von "Bowling for Columbine". Wenn am Ende der blutigen Anfangssequenz die Kamera nach und nach den Blick auf ein zugebautes New York 1846 freigibt, dann ist der leere, blutgetränkte Platz Ground Zero. Wenn es rund um der Wahl des Sheriffs heißt "It's not the voters that count, it's the counters that count", dann blitzt im Hirn das Wort "Florida" mit einem Rufzeichen auf. Alleine durch diese Szenen erhält der Film mehr Relevanz als die erdrückende Mehrheit der gegenwärtigen Hollywood-Produktionen. Dazu kommt eine Beherrschung der filmischen Stilmittel, die einem die Luft raubt: Wenn zu Beginn, nach dem Marsch der "Dead Rabbits", die Tür aufgestoßen wird und die Kamera aus dem fackelnden Untergrund in die weiße Weite vorstößt: Wow. Wenn es Michael Ballhaus in einer Kamerafahrt schafft, den Weg eines Soldaten von der Einschreibung über die Einkleidung, den Abtransport und die Rückkehr im Sarg darzustellen: Wow! Wenn drei Fürbitten gesprochen werden, zum Gott der Rache, zum Gott der Angst und zum Gott der Unterdrückung, und unmittelbar nach dem letzten "Amen" Fenster bersten. Wenn Daniel Day-Lewis einfach so in der Gegend herumsteht. Jetzt kann man natürlich fragen: Wer braucht so einen bedeutungsschwangeren Scheiß? Das ist ein berechtigter Einwand, dem ich nichts entgegenbringen kann. Und will.
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und du? du bist nicht wirklich dabei.
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