endlich winter, jubelt wolfram pirchner in willkommen österreich. die irren wetterkapriolen sind vorbei. bitte rufen sie an und sagen sie uns ihre meinung! die außentemperatur nähert sich der minus zehn grad marke. es schneit und schneeverweht, die stadt ist sanft wie nie. nur taxis verkehren. noch ist die masse weiß und flockig, bald wird sie schwarz und matschig sein. dann dürfen wir uns in willkommen österreich beschweren, dass es heuer glatt so ein harter winter werden musste.

in grönland haben sie vermutlich 200 ausdrücke für "harter winter", je nach beschaffenheit, je nach beginn, je nach überlebensstrategie, je nach nahrungslage, windstärke, eisdicke, temperatur, familiengröße, wetter. dafür haben sie nur einen kinofilm: atanarjuat. das alleine ist schon eine ziemliche leistung, berücksichtigt man, dass die inuit kein kino haben, um einen kinofilm zu sehen. sie haben aber einen staatlich subventionierten fernsehsender (mit "willkommen grönland"?), wo die ambitionierten unter ihnen das nötige handwerk lernen konnten, um einen kinofilm zu drehen. "atanjuarat - the fast runner" erzählt in knapp drei stunden filmisch und dramaturgisch makellos eine etwa 1000 jahre alte legende der inuit, in der es um liebe im allgemeinen und zwischen geschwistern, eltern und kindern, mann und frau im speziellen geht. nur: wo liebe ist sind die sehnsucht nach liebe, hass, mord und leid meist nicht fern. liebe zum land sucht man übrigens die meiste zeit vergeblich; da gibt es statt hollywoodesquer eiszeitromantik nur eiskalte schicksalsergebenheit. genausowenig werden aber hass oder selbstmitleid vermittelt.

die bilder zu der universalen geschichte bestechen aber für den zuseher durch kargeste pracht. die gesichter der in angeblich altem dialekt sprechenden schauspieler wirken dabei nicht gegerbt, sondern eigenartig samtig - abgesehen von den augen, wo es ziemlich lodert, und den zähnen, wo es ziemlich hapert. zu essen gibt es meist rohes robbenfleisch. wenn es ein guter tag ist kommt ein schneehase vorbei, oder lassen sich ein paar möweneier finden. während die männer auf der jagd sind gerben die frauen zu hause vor den iglus felle, oder sie nähen sie zusammen. da kann der tag schon lang werden, vor allem wenn die sonne nicht untergehen will. blöde gedanken sind da früher oder später da; es kommt wie es kommen muss: sex mit einem anderen mann, im zelt des richtigen mannes, der daneben liegt, schläft, und sein gesicht seiner erstfrau zugewandt hat.

ich weiß nicht wieviele wörter die inuit für "rache" haben, oder für "verfolgungsjagd", oder "stil", oder "bewegend". vermutlich gibt es gar keine entsprechenden ausdrücke, in den untertitel ist zumindest nichts davon gestanden. dafür wissen sie, was ein echter winter ist.